Der Trafikant, Kommunikationsformen
Samira Kuklinski
24/01/2021
"Der Trafikant" von Robert Seethaler, 2012
Fokus auf Postkarten und Traumplakate

Die erste Kommunikationsform, welche Franz verwendet sind die Postkarten an seine Mutter. Neu in einer großen unbekannten Stadt und von Heimweh geplagt ist er sehr gründlich beim Heraussuchen und Auswählen von Ansichtskarten (vgl. S.34, Z.5f.). Franz und seine Mutter schreiben sich anfangs nur kurze, einfache Grußtexte, dies gibt wieder, dass sich soweit noch keine spannenden Geschehnisse seitens Franz ereigneten, über die es sich zu berichten lohnen würde. Indem erwähnt wird, dass “beide eigentlich lieber miteinander gesprochen [hätten] oder zumindest schweigend nebeneinander gesessen [wären]” (S.34, Z.17f.), wird verdeutlicht, dass die Ansichtskarten den persönlichen Kontakt nicht ersetzen können. Dies zeigt ebenfalls auf, dass Franz seine Heimat, insbesondre seine
Mutter, vermisst und er durch die Motive auf den Karten eine Art Erinnerung/Verbindung zu seiner Heimat hat (vgl. S.34, Z.25f.).
Des weiteren wird Franz in den Postkarten noch als kleiner Junge dargestellt, der beispielsweise nach seiner ersten Begegnung mit Freud noch sehr aufgeregt ist (Vgl. S.46, Z.2ff.). Allmählich wird durch Franz’ Erzählungen der Kontrast zwischen seinem spannenden Stadtleben und dem langweiligen Dorfleben der Mutter immer deutlicher, welches den Grundstein für seine spätere Charakterentwicklung ist (vgl. S.46).
Die Anfänge jener Entwicklung sind ebenfalls bereits in den Postkarten zu erkennen. Kurze, aber tiefgründige Äußerungen von Franz, wie “Man entfernt sich von Geburt an und mit jedem einzelnen Tag ein bisschen weiter von sich selbst, bis man sich irgendwann gar nicht mehr auskennt.” (S.66, Z.12), zeigen die Weiterentwicklung und Reifung von Franz.
Nichtsdestotrotz wird Franz’ Prozess des erwachsenwerdens durch die Postkarten der Mutter in Grenzen gehalten, beispielsweise bietet sie ihm Hilfe beim Wachen seiner Schmutzwäsche und sagt ihm sogar direkt, dass er sie nicht “Mutter” nennen soll, worauf Franz gehorcht und seine Antwort mit “Liebe Mama” (S.82, Z.1) beginnt (vgl. S.81, Z.22ff.).
Später in der Handlung spielen die Postkarten eine zentrale Rolle in Franz’ Selbstreflektion. Zum Beispiel “Man hat ja mittlerweile eine Verantwortung, oder nicht?” (S.114, Z.13), zeigt auf, dass sich Franz der Verantwortung die er übernimmt bewusst geworden ist.
Auch, dass Franz keine Ansichtskarten mehr schickt macht einen großen Charakterwandel deutlich, welchen Fraz nach der Kriesenerfahrung durch Trsnjeks Verhaftung erfahren hat (vgl. S.161). Die Änderung des Kommunikationsmittels, da sein Mitteilungsverlangen “gar nicht auf eine einzige Karte [passt]” (S.161, Z.25) und das Erkennen der trügerischen Idealbilder auf den Ansichtskarten, stellt seine Auseinandersetzung und sein Bewusstsein für politisches und soziales Geschehen dar (vgl. S.162, Z.5ff.).
Die Traumplakate schreibt Franz am Anfang nur wegen Freuds Rat, denn er hätte ein schlechtes Gewissen wenn er ihn ignoriert hätte (vgl. S.150, Z.22). Franz findet es mühselig direkt nach dem aufwachen seine Träume zu notieren und versteht anfangs auch noch nicht den Sinn dahinter (vgl. S.150, Z.20).
Nachdem er jedoch Nächte lang kontinuierlich seine Träume aufgeschrieben hat, beginnt er sich befreit zu fühlen und erlebt eine private Erleichterung durch das Aufschreiben der Träume (vgl. S.150, Z.26fl).
An Stellen wie “das Wort ZUKUNFT mitsamt einer Platzwunde aufs Hirn.” (S.173, Z.29f.), wird deutlich, dass Franz unbewusst seine Wahrnehmung des NS-Regimes darstellt. Nämlich, dass die politische Entwicklung in der Zukunft noch viele Verletzungen mit sich bringen wird.
Zuerst dienen die Traumplakate nur der eigenen Selbstreflektion von Franz, doch indem er sie an der Trafik mit anderen Leuten teilt hat er die Hoffnung etwas in ihnen zu bewegen und selber zu reflektieren (vgl. S,178, Z.15ff.).
Des weiteren handelt er durch das Aushängen der Plakate gegen die starre Anpassung des Zeitgeistes und geht durch sein individuelles Handeln das Risiko ein, wie sein Lehrmeister Otto Trsnjek, als Außenseiter gesehen zu werden (vgl. S.177, Z.2).